| | Flacherland |
| | Wir leben in einer drei-dimensionalen Welt. Klar, oder? Naja, ganz so klar ist das nicht. Gut, nehmen wir noch die Zeit als eine vierte Dimension dazu, dann leben wir in einem 3+1-dimensionalen Universum. Aber auch das ist nur das, was wir wahrnehmen. Und unsere Wahrnehmung ist nur wahr, solange sie nicht durch irgendetwas gestört wird. Klingt ziemlich verrückt. Ist es auch. Aber lange nicht so verrückt wie das Buch, das ich euch hier vorstellen möchte.
„Flacherland“ von Ian Stewart ist ein wunderbar abgefahrenes Buch, das der Bezeichnung Science-Fiction wie kaum ein anderes gerecht wird – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Einerseits ist es eine Einführung in die modernen Wissenschaften der Mathematik und Physik – deshalb Science. Andererseits ist es kein Sachbuch, sondern ein echter Roman, eine richtige erfundene Geschichte – deshalb Fiction.
Heldin der Geschichte ist Viktoria Line, kurz Vikki genannt. Wie der Name schon andeutet: Sie ist eine Linie (wie übrigens alle Frauen von Flächenland, wo Vikki herkommt). Flächenland ist eine zwei-dimensionale Welt, deren Bewohner die Existenz drei- oder mehr-dimensionaler Objekte nicht nur anzweifeln oder verleugnen. Nein, wer sich wagt das Gegenteil zu behaupten, der läuft Gefahr desselben Schicksals anheim zufallen wie Vikkis Ururgroßvater, der wegen seiner Überzeugung im Gefängnis sterben musste. Er behauptete nämlich, einer Kugel begegnet zu sein. Und mehr noch, um seine Erkenntnis von den drei Dimensionen festzuhalten und zu verbreiten, schrieb er ein Buch darüber. Als dieses Buch über 100 Jahre später Vikki in die Hände fällt, wird sie alsbald vom Dimensionen-Fieber befallen. Nach einem Streit mit ihren Eltern kommt es ihr daher gerade recht, dass sie von einem eigentümlichen Wesen, dem Space Hopper, zu einer Reise durch Raum und Zeit entführt wird. Mit dem Space Hopper als Lehrer lernt Vikki sehr viele andersartige Welten kennen und verstehen, sei es die projektive Ebene, das Spiegelreich oder Tellerland, um nur einige Beispiele zu nennen. Natürlich darf auch ein Abstecher auf Planeterde nicht fehlen. Während es in der ersten Hälfte der Reise hauptsächlich um mathematische Aspekte geht, steht in der zweiten Hälfte eher die Physik im Vordergrund. Aber scharf trennen kann man das natürlich nicht. Mit einer ganz anderen Sicht auf die Dinge und haufenweise neuen Ideen kehrt Vikki am Ende wieder zurück in ihre Heimat, die sie trotz aller Aufregungen doch vermisst hat.
Eine Geschichte mit Happyend also, die vor allem durch die lustig-lehrreichen Dialoge zwischen Vikki und dem Space-Hopper besticht. Genial ist sie aber auch nicht zuletzt wegen der vielen fantastischen Wortschöpfungen. Alles in allem ein Buch, das ich jedem, der sich ein bisschen für Mathematik oder Physik interessiert, wärmstens empfehlen möchte.
Autor: Ian Stewart
Titel: Flacherland - Die unglaubliche Reise der Vikki Line durch Raum und Zeit
C.H. Beck Verlag, München, 2003
Gebundene Ausgabe
ISBN: 3-4065-0179-6
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